Mein erster Stadionbesuch

Vorgestern Abend recherchierte ich wieder einmal ein wenig auf rapidarchiv.at. Dabei kam mir auf der Startseite in den Sinn, dass mein erster Besuch in einem Fußballstadion auf den Tag genau 25 Jahre her ist. Ein paar versuchte Erinnerungen an andere Zeiten.

Ein unerwarteter Osterhase

Der Ostersonntag 1996: Meiner Erinnerung nach ein sonniger Tag. In der Früh kam wie auch in den vorherigen sechs Jahren der Osterhase, gegen Mittag war ich auf einer Geburtstagsfeier bei McDonalds auf der Johnstraße eingeladen. Wer beim Schachtelwirt seinen Kindergeburtstag feierte, war der Größte (damals hatten die Filialen auch noch weit mehr Flair als heute…).

Da wir noch recht jung waren, dauerte die Feier nur knappe 2-3 Stunden. In der nahe gelegenen Wohnung angekommen läutete das Festnetztelefon, Handys gab es noch nicht. Es war mein Onkel. Er sei kurz davor sich auf den Weg nach Hütteldorf zu machen, heute spielt Rapid gegen die Austria. Und er hätte noch eine Karte frei, weil jemand ausgefallen ist. Ich war natürlich sofort Feuer und Flamme, der richtige Osterhase kam somit ungeplant und unerwartet.

Die Eintrittskarte vom damaligen Spiel. Leider nicht meine, ein Twitteruser hat mir jedoch einen Scan seiner damaligen Karte zur Verfügung gestellt. Der Preis für eine Kinderkarte betrug auf der Südtribüne 150 Schilling (ca. 11 Euro), auf der Nordtribüne war es wohl etwas weniger.

Am Weg nach Hütteldorf

Ich schlug meinen Rapid-Schal um den Hals und wurde abgeholt (mein Onkel wohnte auf der Nachbarstiege). Mit dem Auto ging es die Hütteldorfer Straße entlang Richtung Stadion. Soweit ich mich zurückerinnern kann, sind wir recht früh weggefahren, weil mit einem starken Stau zu rechnen war. Rapid war mitten im Titelrennen und stand kurz vor dem Einzug in das Finale des Europapokals der Pokalsieger. 18.000 ZuschauerInnen sollten sich an diesem Tag im Hanappi-Stadion einfinden. In den 90ern wurde Autos noch weit mehr Platz als heute zugestanden, wir parkten nach etwas Fahrzeit aufgrund des Verkehrs am damaligen Parkplatz vor der Nordtribüne des Hanappi-Stadions.

Der damalige Parkplatz vor der Nordtribüne des Gerhard-Hanappi-Stadions in den 1980er-Jahren

Der erste Eintritt in das Hanappi-Stadion

Ich glaube, jede/r Fußballinteressierte im Kindesalter hat leuchtende Augen, wenn er zum ersten Mal das Stadion seines Vereins betritt. Der Weg mit den Massen durch den Einlass in das große und damals doch auch noch recht moderne Stadion (es war damals erst 19 Jahre alt) versprühte schon ein spezielles Gefühl. Die alten Gastrohütten nordseitig mit Hot Dogs, Cola, Chips und Bier, auf der Tribüne gab es noch die Verkäufer mit ihren markttreiberischen Rufen „Bier, Cola, Speckweckerl!“ oder Eisverkäufer, was einen als Kind natürlich gleich noch mehr begeistert 😉 Und riesig und laut war das ganze obendrauf. Die großen vier Flutlichtmasten, die beiden zweirangigen Längstribünen und zwei Hintertortribünen, die noch ohne Dach waren. Das Stadion war praktisch ausverkauft, die Westtribüne machte ordentlichen Wirbel, gegenüber eine volle Osttribüne, die mehrheitlich Violett war. Was im Westen farblich in Form einer Choreografie fabriziert wurde, war mir mit meinen sechs Jahren vorher gänzlich unbekannt. Umso mehr war ich begeistert.

Die Choreografie am damaligen Ostersonntag
© Ultras Rapid

Das Spiel

Enttäuscht musste ich zuallererst feststellen, dass Christian Stumpf, dessen Nummer 7 ich auf meinem Tro Sport-Fantrikot am Rücken hatte (Spielernamen gab es erst die Saison darauf) nicht im Einsatz war. Dieser war nämlich noch immer gesperrt.

Sei es wie es sei, gegen die Austria wird das schon klappen. Ein richtiges Derbygefühl hatte ich damals noch nicht verinnerlicht, die Austria war für mich einfach ein klassischer Mittelständler mit Zigaretten im Vereinsnamen, den ich nur aus dem Panini-Album kannte, wo sie hinter Rapid gereiht waren. Und Rapid hatte in dieser Saison ja sowieso alle möglichen Teams besiegt. Was soll da schon passieren…

An den Spielverlauf selbst habe ich sehr wenige Erinnerungen, auch habe ich das Spiel nie mehr entdeckt, obwohl es glaube ich sogar ein ORF-Livespiel gewesen ist, was damals noch eine Seltenheit war – Bundesliga-Livespiele gab es nämlich erst ab 1995. Die meisten Infos hatte man entweder aus dem Teletext, den Tageszeitungen, Spoat, Sport am Montag oder Sportzeitung oder aus der Bundesliga-Sendung um 18 Uhr.

Nun gut, ich war bestens mit Cola und Chips oder Popcorn ausgestattet, das Spiel hatte aber nichts großes zu bieten. Die Zwischenschreier – man sitzt ja bekanntlich immer neben den störendsten Personen, egal wo man sitzt 😉 – fand ich damals recht unterhaltsam. Die Sonne störte obendrauf ziemlich stark beim Zuschauen, es war vom Spiel her jetzt wirklich nichts tolles. Und zu guter Letzt verloren wir das Derby tatsächlich noch mit 0:1: Torschütze ein gewisser Günther Schießwald, der später auch noch in Hütteldorf aktiv sein sollte. Ich war zwar ziemlich traurig, aber Rapid wurde am Ende Meister und kam einige Tage später via 3:0-Heimsieg gegen Feyenoord ins Finale des Europapokals der Pokalsieger. Und die Austria gewann nach diesem Spiel über sechs Jahre kein Derby mehr in Hütteldorf.

Ab Minute 39:45 sieht man ein paar Sekunden des Derbys am Ostersonntag 1996

Ich werde irgendwann wieder kommen – möglichst bald

Eines stand dennoch fest: Das wird wohl nicht mehr letzter Besuch gewesen sein. Nach zwei Ausflügen in den Prater (Manchester United, 1860 München) ging es im November 1997 das nächste Mal nach Hütteldorf. Wieder ein Wiener Derby, dieses mal im ÖFB-Cup-Achtelfinale. Dank eines Tores von Martin Braun gingen die Veilchen aber dieses Mal leer aus. Spätestens da war ich über die Osterschmach von 1996 hinweg. Ich habe bis dato insgesamt knapp 300 Rapid-Spiele besucht, zumeist zuhause, aufgeteilt auf drei Spielstätten (Hanappi-Stadion, Happel-Stadion, Weststadion). Ab 2005 hatte ich ein Abo auf der Ost, seit 2008 auf der West. So sehr ein neues Stadion auch nötig war, so fehlt trotzdem das Ambiente des urigen Hanappi-Stadions. Diesen unbeschwerten Stadionbesuch aus den 90ern hätte ich auch gerne als Erwachsener noch einmal miterlebt. Der Abschied 2014 tat richtig weh, ein Stück Rasen ist heute im Kleingarten auf der Schmelz eingepflanzt, der Stadionsessel von der West folgt vermutlich demnächst auf der Wohnungsterrasse.

Zu guter letzt geht es hoffentlich bald wieder zu Heimspielen nach Hütteldorf. Es haben sich inzwischen viele Freundschaften entwickelt, der Stadionbesuch ist auch sozial für mich sehr wichtig geworden. Es fehlt einfach enorm, so eine lange Stadionpause gab es noch nie.